Die Geschichte der Weltausstellungen

Die Weltausstellung 1904 in St. Louis
Die zentralen Ausstellungen: Kunstgewerbe, Anthropologie


Jahr: 1904
Stadt: St. Louis
Land: USA
Dauer: 30. April - 1. Dezember 1904
 1 

 2 

 3 

 4 


Copyright: Rydell 1976, nach S. 76
Programm

Die Kunstgewerbeabteilung

Obwohl die modernen Entwicklungen im Kunstgewerbe ihren Ursprung in England nahmen, fehlten in der englischen Ausstellung Exponate, die die Errungenschaften auf diesem Gebiet ausführlich dokumentierten. Auch Frankreichs Beitrag zum Kunstgewerbe ging über das vier Jahre zuvor in Paris Gezeigte nicht hinaus. Der Schwerpunkt in der deutschen angewandten Kunst lag hingegen auf der umfassenden Präsentation aktuellster Ansätze, was Deutschland positive Kritiken und eine Reihe von Preisen einbrachte. In der nordöstlichen Ecke des Industriepalastes waren um einen Mittelsaal von Bruno Möhring 40 Innenräume, bevorzugt Wohnräume, installiert worden. Prominenteste Exponate waren neben Produkten des Berliner Werkrings Räume von Bruno Paul und der Bibliothekssaal von Joseph M. Olbrich. Größtes Interesse fand der mit Zedernholz verkleidete Lesesaal von Peter Behrens, dessen Hauptschmuck eine von stilisierten Frauenfiguren flankierte Uhr aus rotem Marmor mit emaillierten Zeigern und Ziffern in einer Wandnische war. Die strenge Gestaltung der Möbel setzte sich in der rechteckigen Form der Lampen aus Milchglas fort. Einfachheit, die Zurücknahme des Ornaments zugunsten der tektonischen Gestaltung, Hervorhebung von Materialien und ihrer Eigenschaften als Gestaltungsgrundlage, einheitliche Farbgebung und vor allem Zweckmäßigkeit und Bequemlichkeit waren die Vorgaben, die zu einer Qualitätssteigerung nicht nur der Wohnräume, sondern des Lebens ihrer Bewohner führen sollten.


Die anthropologische Abteilung

In der Folge des spanisch-amerikanischen Krieges 1898 hatten die Vereinigten Staaten Besitzansprüche in der Karibik und im Pazifik gestellt und Protektorate eingerichtet. Die Weltausstellung war nach weit verbreiteter Auffassung die beste Gelegenheit, um diese expansive Politik vor der Welt zu rechtfertigen. So sollte die anthropologische Abteilung diesmal nicht nur wie in Paris 1900 exotische Träume aus europäischer Sicht illustrieren, sondern die angeblich hoffnungslose Rückständigkeit und Barbarei dieser Völker demonstrieren, denen nun mit Schulen der amerikanischen Regierung geholfen werden konnte. In einiger Entfernung zu den großen Palästen waren mit Unterstützung damals angesehener Ethnologen Dörfer aufgebaut worden, in denen die Eingeborenen bei ihrem Alltagsleben zu besichtigen waren. Die Gegenüberstellung neuester technischer Errungenschaften in den großen prunkvollen Palästen und den philippinischen Lehmhütten oder den indianischen Zeltdörfern dienten dazu, den menschlichen Fortschritt und damit die Überlegenheit der angelsächsischen Zivilisation überzeugend zu demonstrieren. William McGee, Direktor dieser Abteilung, brachte Ethnien wie Patagonier aus Südamerika, Cocopa-Indianer aus Nordmexiko, Kwakiutl-Indianer aus Kanada nach Saint Louis. Teilweise brauchten McGees Mitarbeiter mehrere Monate, um die Indianer zur Teilnahme an der Ausstellung zu bewegen.



EXPOSEEUM - Das Weltausstellungsmuseum, Hannover, Expo Plaza 11
Geöffnet jeden Sonntag von 11 bis 16 Uhr