Die Geschichte der Weltausstellungen

Die Weltausstellung 1873 in Wien
Eine zwiespältige Bilanz: Ende und Nachwirkungen der Ausstellung


Jahr: 1873
Stadt: Wien
Land: Österreich
Dauer: 1. Mai - 31. Oktober 1873
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Copyright: Pemsel, Abb. 51
Bilanz

Am 2.11.1873 erlebte Wien den größten Zustrom von über 140.000 Besuchern, bevor die Ausstellung an diesem Tage ihre Pforten schloss. Heinrich Ritter Fellner von Feldegg wurde mit der Organisation des Abbaus und den noch ausstehenden Verhandlungen mit den Ausstellern beauftragt. Während alle kleineren Pavillons demontiert wurden, sorgte man dafür, dass die Rotunde, die Maschinenhalle und die beiden Pavillons des Amateurs erhalten blieben. Die letzteren wurden der Kunstakademie angeschlossen, die Maschinenhalle wurde von der Kommunalverwaltung als Lagerhalle genutzt, und die Rotunde - bald Wahrzeichen Wiens und seiner liberalen Gründer- und Ringstraßenzeit - diente bis 1937, als sie durch ein Feuer zerstört wurde, als bedeutender kultureller Veranstaltungsort. Der regulierte Volksprater wurde ohne Veränderungen an die Parkverwaltung zurückgegeben. Die schwedischen Häuser und das japanische Dorf fanden Käufer in London und die prunkvolle Ausstattung des Kaiserpavillons, dessen Abriss äußerst umstritten war, wurde dem Museum für Kunst und Industrie in Wien anvertraut.

Trotz des kulturellen Erfolges der Ausstellung, die im Sinne des Liberalismus den Fortschritt der Gründerzeit in der neuen Metropole demonstrierte, unterlag das Ausstellungsprojekt schärfster Kritik. Die Ausstellung wurde als Grund für die Wirtschaftskrise angeführt, die in den Börsenkrach geführt habe. Die liberale Regierung verlor dadurch an politischem Ansehen, was auf lange Sicht das Aufkommen des Mehrparteiensystems und die Zersplitterung der Bevölkerung in nationale Gruppen förderte. Schwarz-Senborn wurde finanzieller Fehlplanungen bezichtigt und für das Defizit der Ausstellung von 19 Millionen Gulden verantwortlich gemacht. Die wegen der Choleraepidemie sehr geringe Besucherzahl (man hatte 20 Millionen erwartet, sieben Millionen kamen) hatte die Bilanz noch verschlechtert. Die sozialen Probleme, die durch die plötzliche Arbeitslosigkeit nach der Ausstellung, durch immens angestiegene Mieten und Lebensmittelteuerung entstanden waren, verschärften die Kritik an dem Regime, das lediglich für Luxus und Repräsentation übersteigerten finanziellen Aufwand getrieben habe. Außerdem wurde der Beitrag der Ausstellung zu industriellem und wissenschaftlichem Fortschritt trotz der vielen gleichzeitig abgehaltenen Kongresse bezweifelt.
Vergessen schien die städtebauliche Triebkraft für Wien und der Prestigegewinn Österreichs im Ausland - nicht zuletzt durch das persönliche Interesse und den Einsatz des Kaisers. Wien und das Reich konnten sich auf der bisher größten Ausstellungsfläche mit monumentalster Architektur präsentieren. Hier wurden in der vielfältigen Inszenierung eines "völkerverbindenden Festivals" entscheidende Grundlagen für Friedenspolitik, Kulturaustausch und Außenhandelsbeziehungen - z.B. mit Japan - geschaffen.



EXPOSEEUM - Das Weltausstellungsmuseum, Hannover, Expo Plaza 11
Geöffnet jeden Sonntag von 11 bis 16 Uhr