Die Geschichte der Weltausstellungen

Die Weltausstellung 1873 in Wien
Börsenkrach und Cholera


Jahr: 1873
Stadt: Wien
Land: Österreich
Dauer: 1. Mai - 31. Oktober 1873
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Hintergrund

Die prunkvollen Eröffnungsfeierlichkeiten und das anfängliche Interesse der geladenen Gäste an der Wiener Weltausstellung konnten nicht lange über die Schwierigkeiten hinwegtäuschen, die sich bereits 1872 angedeutet hatten. Seit dem Bau der Ringstraße und dem Plan, eine Weltausstellung durchzuführen, befand sich Wien in gründerzeitlicher Hochkonjunktur, was viele Börsenspekulanten und Gewerbetreibende nach Wien lockte. Doch Fehleinschätzungen der Situation, betrügerische Spekulationen und Korruption führten schließlich neun Tage nach der Eröffnung zum Zusammenbruch der Börse. Der "schwarze Freitag" oder "Wiener Börsenkrach" stürzte auf der Stelle viele Unternehmer in den finanziellen Ruin. Kritiker der Weltausstellung sahen sich bestätigt und machten die kaiserliche Entscheidung ein Projekt dieser Art durchzuführen, und ebenfalls Schwarz-Senborn für den wirtschaftlichen Zusammenbruch verantwortlich.

Im Juni kam es zu einer zweiten Katastrophe, die nun auch ausländische Besucher von einer Reise nach Wien abhalten sollte. Im Weltausstellungshotel "Donau" erkrankten 13 Gäste an Cholera. Zwar waren hygienische und medizinische Vorbereitungen getroffen, doch breitete sich die Epidemie schnell aus. Trotz der verhältnismäßig geringen Zahl der Todesopfer erhielt der Enthusiasmus für die Weltausstellung einen spürbaren Dämpfer. Erst Ende Oktober, als man die Gefahr der Krankheit gebannt sah, setzte der große Besucherstrom aus ganz Europa ein, den die Organisatoren für die gesamte Ausstellungsdauer erhofft hatten.

Die Schauseite der Weltausstellung waren jedoch rauschende Ballnächte und andere spektakuläre Ereignisse wie der Besuch der deutschen Kaiserin Augusta, des russischen Zaren oder von Nasr-ed-Din, dem Schah von Persien. Die Weltausstellung wurde u.a. auch als Friedensfest seitens der Politiker genutzt. Kunstvoll inszenierte Empfänge von Ehrengästen sollten Zeichen für Völkerverständigung und Frieden sein. Tatsächlich betonte der Kaiser am 5. November, bei Eröffnung des Reichsrates besonders diesen Aspekt der Weltausstellung. Nach dem Krieg zwischen Deutschland und Frankreich, der Gründung des Deutschen Reiches und den Kriegen Österreichs an den Nord- und Südgrenzen war dies von besonderer Bedeutung. Gleichzeitig jedoch wurden opulente Ausstattung und überwältigende Inszenierungen als politische Allegorie eingesetzt, um die wirtschaftliche Macht und den Aufstieg Österreichs zu demonstrieren. Die Diskrepanz zwischen Schein und Sein der Weltausstellung, zwischen der Selbstdarstellung Privilegierter und der gesellschaftlichen Realität - Verschuldung und sozialem Elend ärmerer Schichten - wurde offensichtlich.



EXPOSEEUM - Das Weltausstellungsmuseum, Hannover, Expo Plaza 11
Geöffnet jeden Sonntag von 11 bis 16 Uhr