Die Geschichte der Weltausstellungen

Die Weltausstellung 1937 in Paris
Der deutsche und der sowjetische Pavillon: Denkmale der Diktaturen


Jahr: 1937
Stadt: Paris
Land: Frankreich
Dauer: 25. Mai - 25. November 1937
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Copyright:
Der deutsche Pavillon

Schon aus zeitgenössischer und erst recht aus heutiger Sicht widerspricht die architektonische Inszenierung des deutschen Beitrags in direkter Nachbarschaft zu dem sowjetischen Pavillon dem Ziel der Ausstellungsorganisatoren, ein Zeichen für friedliche Zusammenarbeit der Nationen zu setzen. Beide Gebäude waren mit ihrer Natursteinverkleidung auf starre Monumentalität angelegt, um den zu vertretenden Ideologien nicht nur durch die bronzenen, ins Überdimensionale vergrößerten politischen Symbolen Reichsadler mit Hakenkreuz sowie Hammer und Sichel den Anschein von Macht und Dauer zu verleihen. Errichtet auf erhöhten Sockeln vergleichbaren Grundrisses, verschlossen sich die Pavillons mit ihren wuchtigen, fensterlosen Mauern der Umgebung.
Sein Architekt Albert Speer, dem der sowjetische Entwurf im Vorfeld bekannt geworden war, interpretierte dessen Bauplastik - eine Gruppe schreitende Figuren als sowjetischen "Ansturm" auf Deutschland. So konnte die massive Machtdemonstration des "Deutschen Hauses" - "als eine in schwere Pfeiler gegliederte kubische Masse" (Albert Speer) - von seinem Architekten als notwendige Abwehrgeste gegenüber dem sowjetischen Pendant gerechtfertigt werden.

Für den deutschen Bau, bestehend aus einem Quader, der an der vorderen Schmalseite mit einem ebenfalls quaderförmigen Turm abschloss, bediente sich Speer eklektizistisch formaler Details aus verschiedenen Kulturen und Zeiten wie antiken Tempelbauten, Grabmalskunst, Festungsbauten. Die Vermischung christlicher und profaner Herrschaftsikonographie bildete die Projektionsfläche für die Propaganda des deutschen Reiches. So erinnert der Grundriss mit Langhaus und Turm an Kirchenbauten, die veränderten Proportionen und die fensterlosen Mauern erwecken jedoch eher den Eindruck einer Trutzburg. Der Turm mit kannelierten Pilastern aus massiv wirkenden Steinquadern und abgestuftem Gebälk geht auf antike Tempelhallen zurück, doch wird hier auf die Idee, den Stützen ein menschliches Proportionssystem zugrunde zu legen, verzichtet, um mit den in die Höhe gezogenen Pfeilern dem Reichsadler mit Hakenkreuz einen bombastischen Sockel schaffen. Auf Abbildungen erkennt man heute kaum die nachts beleuchteten Mosaikwände zwischen den Pfeilern, sondern eher den harten schwarz-weiß Kontrast der streng vertikal gegliederten Fassade, der den Blick des Betrachters sogartig zu dem in der Höhe thronenden Adler führt.

Der gegenüberliegende sowjetische Pavillon von Boris Iofan wirkte ebenfalls wie ein überdimensionaler Sockel für Vera Muchinas Kolossalfigurengruppe "Kolchosbäuerin und Arbeiter", die vorwärtsstürmend Hammer und Sichel in den ausgestreckten Armen trugen. Auf keilförmigem Grundriss werden Wandscheiben nach vorne stufenweise ansteigend so gestaffelt, dass sich die Bewegung der Figuren mit ihren wehenden Kleidern aus dem Gebäude zu entwickeln scheint. Anlässlich des zwanzigsten Jahrestages der Oktoberrevolution wurde dieser Aufbruchsstimmung im Inneren des Pavillons in großen Wandgemälden mit Szenen vom kommenden Sozialismus Ausdruck verliehen. Kostbarstes Exponat war eine riesige, aus reinem Gold getriebene Landkarte der Sowjetunion, in die die großen Bauprojekte für Staudämme und Industrieanlagen durch eingelassene Edelsteine symbolisiert wurden.



EXPOSEEUM - Das Weltausstellungsmuseum, Hannover, Expo Plaza 11
Geöffnet jeden Sonntag von 11 bis 16 Uhr