Die Geschichte der Weltausstellungen
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Copyright: Kraemer 1900, o.S.

Am Eröffnungstag, dem 14. April 1900, waren die Bauarbeiten noch nicht abgeschlossen. Kritiker nahmen diese Tatsache zum Anlas, die französische Gabe der nationalen Selbstdarstellung ironisch zu kommentieren: selbst den immensen Organisationsaufwand für die Ausstellung habe man zum Präsentationsstück machen wollen. Erst im Juni bot sich den Besuchern das vollendete Bild.

Die Exponate der Ausstellung waren in 18 Themengruppen und 121 Klassen eingeteilt worden. Zum ersten Mal auf einer Weltausstellung standen Erziehung und Unterricht vom Kindesalter bis in die wissenschaftliche Lehre an erster und Kunst an zweiter Stelle der Klassifikation. Mittel und Hilfsmittel der Wissenschaften und Künste - von künstlerischen und fotografischen Techniken, einem als Attraktion gefeierten Riesenfernrohr, Musikinstrumenten, geographischen Karten und Hilfsmitteln, medizinischen und chirurgischen Geräten bis zur Bühnentechnik - folgten als dritte Gruppe. Die nächsten Abteilungen waren den drei technischen Bereichen Mechanik, Elektrizität, Ingenieur- und Transportwesen gewidmet. Die Elektrotechnik wurde als ”Lebensnerv” der Ausstellung gerühmt, sie hatte für Licht, Kraft und Bewegung zu sorgen. Sie ließ die industrielle Fertigung zunehmend leistungsfähiger und ökonomischer werden, machte das Transportwesen schneller und effektiver und hatte die Palette der Kommunikationsmittel erweitert.

Die Einteilung macht deutlich, dass es sich bei dieser Ausstellung nicht mehr um eine reine Gewerbeausstellung handelte, sondern dass an ihre Stelle eine allgemeine Kulturausstellung getreten war, bei der beinahe alle Bereiche des menschlichen Lebens vertreten sein sollten. Georg Malkowsky hielt dieses Vorhaben für undurchführbar - seiner Meinung nach konnte ein ausreichend großes Ausstellungsgelände nur die ganze Erde selbst sein. Sicher aber hätte eine Reise um die Welt ein anderes Bild von der Menschheit ergeben als das durch die französische Inszenierung erzeugte. Nur hier konnte man in einem Ozeandampfer - einem schwankenden Schiffsdeck, umgeben von einer 750 m langen, trickreich abrollenden Panoramaleinwand - seekrank werden. Und wenige Minuten später begab man sich übergangslos auf die Reise mit der transsibirischen Eisenbahn - einem Waggon zwischen dem russischen und dem chinesischen Pavillon - sah beim Blick aus dem Fenster in wenigen Minuten prächtige Landschaften, gestaffelt in vier Prospekten, an sich vorbeiziehen.

Charakteristisch für die Pariser Ausstellung im Jahre 1900 war ein rückwärts gewandter Blick, der die Neuerungen der Gegenwart nicht sonderlich hervorhob. Durch die Überbetonung historischer Leistungen wurde Geschichte instrumentalisiert und zum Mittel der nationalen Selbstbehauptung Frankreichs gemacht. Tatsächlich übernahmen französische Kommissare die Einrichtung der retrospektiven Abteilungen, ein objektiver, distanzierter Blick auf die Geschichte war damit nicht gewährleistet.

Die herausragende Rolle Frankreichs für die Entwicklung der Kultur trat vor allem in der retrospektiven Kunstausstellung des Kunsthistorikers Molinier zu Tage. Die französische Kunst wurde in eine Entwicklungslinie vom alten Rom über das Mittelalter bis in die Gegenwart gestellt. Hier fanden Impressionisten und Symbolisten ihre verspätete Anerkennung durch die offizielle französische Kulturpolitik. Deutschland leistete in der Kunstausstellung seinen Beitrag mit einer Präsentation der Gemälde Watteaus aus der Sammlung Friedrich II. und von Rüstungen und Uniformen. Als politisch zurückhaltende Geste - zumindest für die Dauer der Ausstellung und zum Wohlgefallen der Franzosen - ließ man die Ausstellung der Uniformen mit dem Jahr 1863 enden. Mit Dokumenten aus jüngerer Zeit, vom Krieg von 1870/71, wollte man nicht provozieren.


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Die Weltausstellung 1900 in Paris
Elektrotechnik als ”Lebensnerv”
Jahr: 1900Stadt: ParisLand: Frankreich
Dauer: 15. April - 12. November 1900

 

 

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