1 |
Copyright: |
Einen weitaus größeren Eindruck beim Fachpublikum hinterließ jedoch der japanische Beitrag. Von den Ausstellern als "größtes Holzbauwerk der Welt" bezeichnet, avancierte dieser Pavillon von Tadao Ando zu einem Höhepunkt der Expo 92. Lediglich ergänzt durch Beton und Faserzement für den Sockel und die Seitenwände, erinnert die hauptsächliche Verwendung von Holz an die traditionelle Bauweise Japans. Die pagodenartig geschwungene Form des vierstöckigen Pavillons mit konkaven, völlig geschlossenen Holzfassaden aus Stäbchenplatten wurde von außen nur an der Frontseite durch eine Brückenwölbung ohne Sockel unterbrochen. Die Rückbesinnung auf die traditionellen japanischen Werte bestimmte auch die Auswahl der Exponate. Götterfiguren, Schriftzeichen und alte Ritterrüstungen führten zur Entdeckung der "einfachen Kultur des wahren Japan". Dieser kontemplative Ansatz stand ganz im Gegensatz zu dem gigantischen Bildschirm, den die Firma Sony am anderen Ende des Geländes aufstellte, um über eine Closed-circuit-Schaltung ein Spiegelbild des Geschehens vor dem Bildschirm zu liefern.
Der High-Tech-Entwurf des britischen Architekten Nicolas Grimshaw für den Pavillon seines Landes war in der ideellen Nachfolge des Kristall-Palastes als ein nur auf kurze Dauer bestehendes Gebäude geplant. Die vollständig verschraubbare Konstruktion wurde in Einzelstücken nach Sevilla verschickt und die Bauelemente konnten nach der Expo wieder für andere Aufgaben benutzt werden. Die ganze Westwand des Pavillons etwa bestand aus mit Wasser gefüllten Containern, die die Tageshitze absorbierten. Ergänzt durch eine mit einem achtzehn Meter hohen Wasservorhang gekühlte Wand passte sich der Bau den inhaltlichen und klimatischen Bedingungen der Ausstellung an.
Ebenfalls auf das Bild des Temporären verweisend und anknüpfend an die Tradition der Toldos, jener Sonnensegel, die in Sevilla wegen der Sonnenhitze Straßenpromenaden überspannen, fungierten vorgespannte Segeltücher. Sie bedeckten die Pavillonkonstruktion als schwebend leichtes Dach und schlossen die Nord- und Südseite des Gebäudes ab. Verstellbare Lamellen über dem Dach sorgten für optimalen Sonnenschutz zu jeder Tageszeit. Das gelungene Projekt, eine Oase in der Sonnenhitze mittels anspruchvoller architektonischer Gestaltung zu schaffen, machte den britischen Pavillon selbst mehr denn seine wie in einem Warenhaus präsentierten Exponate zum Ereignis.
Weniger die eigene fortschrittliche Technologie preisend noch das Thema der Expo architektonisch inszenierend, stellte sich Chile mit einem anderen Anliegen vor - mit einer Aktion, die selbst für mehrere Wochen zum Medienereignis wurde. Ein Eisberg aus der Antarktis wurde nach Sevilla transportiert, um dort stellvertretend für die chilenische Natur ausgestellt zu werden. Zusammen mit dem beeindruckend filigranen Holzpavillon mit flachem Kupferdach, der das Licht durch Lamellen und Oberlichtgaden gefiltert in den großen Innenraum fließen ließ, war dieser Ort ein beliebtes Ziel der Besucher, um dem hektischen Treiben der Umgebung zu entfliehen. Die Schweizer Ausstellungskommission dagegen verwarf ihren ursprünglichen Plan, einen Turm ebenfalls aus Eis aufzustellen. Das Konzept dieser sehr vergänglichen Festarchitektur musste aus pragmatischen Gründen einem weithin sichtbaren und ebenfalls vergänglichen Turm aus weißem Papier weichen.
Jahr: 1992 | Stadt: Sevilla | Land: Spanien |
Dauer: 20. April - 12. Oktober 1992 |