Die Geschichte der Weltausstellungen
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Copyright: Architectural Review, Bd. 142, Nr. 846, August 1967, S. 115

Die Architektur der Expo '67 wurde von der zeitgenössischen Kritik wohlwollend rezensiert. Gewiss, es gab auch in Montreal die bei Weltausstellungen üblichen Tricks und Ablenkungsmanöver der Architekten zu beobachten, die vor allem spektakuläre Raumeindrücke unter Verschleierung der oft nur konventionellen Konstruktionen bieten wollten. So sah der französische Pavillon von außen wie eine in sich verdrehte, auseinanderstrebende Spirale aus, bot im Inneren rund um ein mit Kabeln verspanntes, zum Oberlicht hin geöffnetes Treppenhaus die größte Ausstellungsfläche, war aber von seiner Konstruktion her nur ein ganz gewöhnlicher Betonfachwerkbau. Auch der Versuch der Japaner, traditionelle Bauformen überdimensioniert in Beton nachzuahmen und durch Beleuchtung von innen schwerelos erscheinen zu lassen, fand kaum Beifall. Insgesamt aber beherrschten Leichtbaukonstruktionen die Ausstellungsarchitektur.

Der temporäre Charakter der Expo '67 wurde bei vielen Pavillons durch den Einsatz schnell zu montierender und auch wieder abzubauender Gerüste betont. Am beliebtesten waren Raumfachwerke - aus Stäben und Verbindungsknoten zusammengesetzte Konstruktionen -, die nur wenige Auflagenpunkte benötigten und ein hohes Maß an Stabilität aufwiesen. Meist wurden die Dächer und Wände aus kleinen, selbsttragenden Einheiten, die zu beliebigen Figuren zusammengesetzt werden konnten, entwickelt. Durch den Einsatz neuer Baustoffe - der kanadische Konzern Alcan etwa subventionierte großzügig Gebäude, die mit Aluminiumgerüsten und -platten gebaut wurden - ließen sich größere Spannweiten als je zuvor überdachen. Allerdings führte die Leichtigkeit, mit der nun die Formen gebildet werden konnten, zumeist dazu, dass die äußere Erscheinung eines Pavillons nur sehr wenig mit dessen Innenarchitektur und auch der Ausstellungspräsentation zu tun hatte.

Der Wettstreit der Nationen verlagerte sich in Montreal von der Konkurrenz um das innovativste und aufwendigste Exponat hin zu einem Schönheitswettbewerb um den aufregendsten Pavillon. Der italienische und der sowjetische Pavillon konkurrierten um den Preis für das größte freitragende Dach; Kuba und Venezuela zeigten die schlichtesten Ausstellungskisten; der britische Pavillon versuchte durch rüde Asbestplattenverkleidung und den höchsten, von einem dreidimensionalen Union Jack bekrönten Turm zu gefallen; die Kanadier schließlich boten gleich einen ganzen Gebäudekomplex für ihre Selbstdarstellung an, flankierten ihn mit Pavillons für die einzelnen Bundesländer und krönten ihn mit dem Katimavik (benannt nach dem Eskimowort für einen Versammlungsort), einer auf die Spitze gestellten Pyramide, die als Aussichtsturm diente.

Der Pavillon der UdSSR beeindruckte durch eine klare Konstruktion im Stil der 50er Jahre: auf zwei gewaltigen, V-förmigen Stützen ruhte das nach hinten abfallende, weit auskragende, über 900.000 Quadratmeter große Dach aus Aluminiumplatten. Von hier konnte eine Glasfassade mit dünnen Stahlprofilrahmen abgehängt werden. Im Inneren wurden drei Ausstellungsgeschosse eingezogen, die durch Überschneidungen, Öffnungen und Galerien auch optisch miteinander verbunden wurden. Die drei Ebenen erleichterten die Präsentation der sehr unterschiedlichen Exponate, die mit naturgetreuen Modellen, Diagrammen und Statistiken lehrreich ergänzt wurden. Besonders zugkräftig war die dritte Ebene, die den Beitrag der Sowjetunion zur Erforschung des Weltraums darstellte. Das Original der Weltraumkapsel, mit der Juri Gagarin als erster Mensch die Erde umkreist hatte, war ständig umlagert. Der Pavillon zog über 13 Millionen Besucher an und gehörte zu den größten Publikumsattraktion der Expo '67.


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Die Weltausstellung 1967 in Montreal
Raumtragwerke und Zeltdächer
Jahr: 1967Stadt: MontrealLand: Kanada
Dauer: 28. April - 27. Oktober 1967

 

 

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