Die Geschichte der Weltausstellungen
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Ein Zelt als Ausstellungsgebäude hatte es bisher auf Weltausstellungen noch nicht gegeben. Dabei drängte sich diese Konstruktionsform, als leichte, schnell montierbare und beliebig formbare Struktur für temporäre Ausstellungszwecke geradezu auf. Unter dem Vorsitz von Egon Eiermann, der für den deutschen Pavillon in Brüssel 1958 zuständig gewesen war, wählte eine Jury 1965 einen Entwurf für den deutschen Beitrag in Montreal von Frei Otto und Rolf Gutbrod aus, der diesen Anforderungen ideal entsprach.

An der Spitze der Insel Notre-Dame waren 8.000 Quadratmeter zu überdachen. Otto und Gutbrod legten ein Stahlseilnetz über acht bis zu 38 Meter hohe Stützen. An drei Punkten wurde das Netz bis zum Boden gezogen, um das Regenwasser abzuleiten. So entstand eine frei bewegte Dachlandschaft mit dynamisch-eleganten Kurven, die den Kräftelinien folgten - dies war der unmittelbare Vorläufer für die Dächer des Münchner Olympiageländes 1972. Mit 30 Randseilen wurde die Konstruktion stabilisiert, sie leiteten mit Schlaufen die Zugkräfte in massive, skulptural gestaltete Betonfundamente ab. Die Maschen des komplett in Deutschland produzierten und vor Ort aufgespannten Netzes maßen 50 Zentimeter im Quadrat, so konnte es während der Montage bequem bestiegen werden. Darunter wurde mit Kleeblatttellern eine Membran aus PVC-beschichtetem, teils durchsichtigem, teils lichtdurchlässigem Polyestergewebe gespannt. Zahlreiche Modellversuche und Computerberechnungen waren nötig, um die bei dieser innovativen Konstruktion auftretenden Belastungen und Kräfte abschätzen zu können. Dabei sah Frei Otto diesen Entwurf nur als Vorstufe für größere Projekte an. Der Kontaktarchitekt Ottos in Kanada kolportierte Journalisten, dass er mit seinen Zelten zwei Täler in der Schweiz überdachen wolle.

Der Raumeindruck im Inneren des Pavillons wurde natürlich durch die außergewöhnliche Dachlandschaft bestimmt. Die Schwünge und steilen Kurven der weißen Haut hoben jedes Gefühl für Distanzen und Maßstäbe auf. Ursprünglich hatten Otto und Gutbrod geplant, eine grüne Parklandschaft unter das Zelt zu schieben, um die Probleme der Klimatisierung leichter meistern zu können. Davon blieben aber nur einige Wasserflächen übrig; außerdem konnten an den Rändern die Zeltbahnen zur Durchlüftung hochgeklappt werden.

Für die Exponate musste eine eigenständige Architektur aus Plattformen, Stegen, Treppen und geschlossenen Kuben aus Stahlfachwerk eingebaut werden. Die starren Rechteckformen standen in gewolltem Kontrast zum Zeltdach und ermöglichten den Besuchern einen freien, nicht gelenkten Zugang zur Ausstellung. Der Raum erwies sich allerdings als zu groß für die Exponate, deren Präsentation nicht weniger als zwölf Designern überlassen worden war. Also wetteiferten Fotowürfel, blasenförmige Diaprojektionen, Litfasssäulen und semitransparente, schwebend aufgehängte Schrifttafeln um die Aufmerksamkeit der Besucher. Viele kleine, durchaus ansprechend gestaltete Einzelheiten und Exponate, vom Lufthansa-Essbesteck bis zu Gutenbergs Druckpresse, mussten allzu aufwendig präsentiert werden; es fehlte ein Koordinator, der der kühnen äußeren Form ein entsprechendes Ausstellungskonzept hätte entgegen stellen müssen.


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Die Weltausstellung 1967 in Montreal
Der deutsche Pavillon von Frei Otto
Jahr: 1967Stadt: MontrealLand: Kanada
Dauer: 28. April - 27. Oktober 1967

 

 

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