Die Geschichte der Weltausstellungen
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Copyright: L'Architecture d'Aujourd'hui, Nr. 81, 12/1958-1/1959, S. 97

Im Gegensatz zu den technizistischen Entwürfen, die von dynamischer Spannung oder schwebender Leichtigkeit charakterisiert waren, beriefen sich andere Architekten - an die Tradition der Bauhausarchitektur anknüpfend - auf einfache, geometrische Formen. Zahlreiche Länder, darunter die Schweiz und Japan, verzichteten auf Riesenbauten, um sich mit rhythmisch in den Park eingebetteten Pavillongruppen auch Teile des Geländes individuell zu erschließen.

Prominentes Beispiel für die Verbindung dieser Ansätze war der Entwurf von Sep Ruf und Egon Eiermann, die 1956 den Auftrag erhielten, in gemeinsamer Arbeit den deutschen Pavillon zu entwerfen. Entgegen der ursprünglichen Idee, ein langgestrecktes Gebäude zu konstruieren, entschied man sich für eine geschlossene Kette kleinerer Bauten. Acht auf quadratischem Grundriss errichtete ein- bis dreistöckige Gebäude waren am Hang des Parc Royal zu einer rechtwinkligen Anlage gruppiert, die einen Garten mit altem Baumbestand einschloss. Die Konstruktion der Einzelgebäude beruhte auf Stahlstützen, die von der Außenflucht gesehen drei Meter nach innen gerückt waren. Davor befanden sich die transparenten Wände aus Spiegelglasscheiben, die mit schmalen Stahlrahmen eingefasst waren und zum Zwecke der natürlichen Raumbelüftung 50 Zentimeter unter der Decke endeten. Zwischen der Außenflucht mit schwarz bemalten Deckenbalken und angeschweißten weißen Rohren, war Platz für einen 1,20 Meter breiten Zierbalkon, der den strukturellen Eindruck drei übereinander schwebenden Dachscheiben verstärkte. Alle Montageteile wurden in Deutschland hergestellt, um in Brüssel nur noch verschraubt zu werden. Um die Pavillongruppe formal zusammenzufassen und trotz Hanglage leicht begehbar zu machen, waren die Gebäude auf Höhe des zweiten Stockwerks über Stege miteinander verbunden. Vom Hang aus betrat man das Gelände von oben über eine Brücke, die mit drei Seilpaaren an einem 50 Meter hohen nadelartigen Stahlpylon aufgehängt war und über eine Treppe zu den Verbindungsstegen führte. So erschloss sich den Besuchern zunächst der klare Grundriss der Anlage, bevor sich aus tieferer Perspektive die Abgrenzungen der Einzelgebäude in ihrer unendlichen Transparenz aufzulösen schienen. Dieser Effekt setzte sich selbst in der Gartengestaltung Walter Rossows fort, wo sich - ganz im Gegensatz zu riesigen, bunt beleuchteten Fontänen anderer Länder - Geländepartien in flachen runden Steinen reflektierten, deren glattgeschliffene Oberflächen mit einem dünnen Wasserfilm überspült wurden.

In der zeitgenössischen Presse erhielt der deutsche Beitrag seiner zurückhaltenden Einfachheit und Präzision wegen großes Lob, jedoch wurde stellenweise auch "Mittelmäßigkeit" und "biedermännische Bescheidenheit" vorgeworfen. Der klare, streng formalistische Ansatz des Raumkonzeptes zusammen mit der bemüht lehrreichen Ausstellung "Leben und Arbeit in Deutschland" sollte in bewusstem Gegensatz zu der deutschen Machtdemonstration des Pavillons von Albert Speer in Paris 1937 stehen, doch vermissten die Zeitgenossen den selbstreflexiven Umgang mit den Folgen des Nationalsozialismus und eine kritische Auseinandersetzung mit der Frage des geteilten Deutschland.


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Die Weltausstellung 1958 in Brüssel
Eine "saubere Bodennummer"
Jahr: 1958Stadt: BrüsselLand: Belgien
Dauer: 17. April - 19. Oktober 1958

 

 

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