Die Geschichte der Weltausstellungen
|
[Alle Weltausstellungen]
|
[Home(EXPO 2000)]
 1 


Copyright: Le Memorial officiel de l'Exposition universelle et internationale de Bruxelles 1958-1962, Bd. 4, S.

Karl Pawek: Die Architektur als Balanceakt

"Ist die Architektur auf der Expo wirklich "Architektur"? Ist sie nicht eher Akrobatik und Äquilibristik? Natürlich ist sie auch Zirkusnummer - es liegt im Wesen der Ausstellung, dass sie ihre eigene Baukunst hervorbringt. Trotzdem zeigt die Expo architektonische Lösungen, die für die Zukunft brauchbar erscheinen und die eine gewisse Bilanz des freien architektonischen Erfindens zu ziehen gestatten. Das Hauptmerkmal der Pavillons und Hallen ist ihr "Luft-Wesen". Sie scheinen zu schweben, sie erscheinen schwerelos, entmaterialisiert, sie sind aufgehängt, sie lasten nicht, sie ruhen auf einem Punkt auf; sie balancieren. Im Zeitalter der Düsenflugzeuge und Raumraketen vermitteln sie die Illusion: Los von der Erde!"


Zwischen Schrecken und Souvenir

Die Nationen haben sich verabredet, in Brüssel ein lächelndes Gesicht zu zeigen, die Atombombe zu verstecken und so zu tun, als würden sie das Wort "Rüstung" überhaupt noch nie gehört haben. Von der gesamten weltweiten Industrie des Todes stellen die Russen ein paar alte Jagdflinten aus, mit denen man vielleicht noch ein paar Vögel schießen kann. Es scheint, als ob die Expo 58 von den Psychoanalytikern erfunden worden wäre, um den Menschen die Angst vor dem "Atom" zu nehmen. Brüssel wird in die Geschichte der Menschheit mit der Erinnerung eingehen, dass dort der "Spaß mit dem Atom" begann. Noch aber bestehen die Assoziationen der Menschen. Sie wissen, wozu Sputniks in die Welt gejagt werden. (...) An die reine Wissenschaft glauben sie nicht. Der Untergrund bleibt auch in Brüssel apokalyptisch.

Quelle: Magnum. Juni 1958, H. 18, S. 20, 36.


Werner Hofmann: Architektur als Substitut der Wirklichkeit

"Was die Panoramen und Dioramen mit den Möglichkeiten deillusionistischen Rundgemäldes vor Augen führen, versucht die Ausstellungsstadt mit wesentlich drastischeren Mitteln: sie baut entlegene Welten, exotische Landschaften, Aquarien und Kultgebäude, Festungen und Paläste vor den Augen der staunenden Masse auf; sie gibt ihrer Illusion den Charakter handgreiflicher, dreidimensionaler Realität. (...) Ungeachtet dieser 'Handgreiflichkeit' sollte man den Wirklichkeitsbezug dieser Weltausstellungen nicht überschätzen: was sie mit theatralischer Gebärde errichten, ist eine Architektur von Emblemen und Schaufassaden, die sich als 'Substitut' der profanen Wirklichkeit ausgibt. Jede Weltausstellung ist eine Erinnerung an den Turm von Babel und eine Verkündigung des Neuen Jerusalems. Was sie dem Auge bietet, sind dokumentarisch belegte Träume, die nicht auf den Boden der Tatsachen zurückzuführen, sondern dem Fiktiven die Rechtfertigung des Tatsächlichen geben. (...) Auch die 'Expo 58', dem Dogma der Menschheitsbeglückung gewidmet, postuliert eine Retortenwelt, aus der man ohne Bedauern in die Wirklichkeit zurückkehrt."

Quelle: Werner Hofmann, Emblematische Architektur der Weltausstellungen. In: Das Werk, Jg. 45, 1958, H. 10, S.351.


deutsch | english
1851 | 1862 | 1867 | 1873 | 1876 | 1889 | 1893 | 1900 | 1904 | 1929 |
1933 | 1937 | 1939 | 1958 | 1962 | 1967 | 1970 | 1992 | 1998 | 2000
Die Weltausstellung 1958 in Brüssel
 
Jahr: 1958Stadt: BrüsselLand: Belgien
Dauer: 17. April - 19. Oktober 1958

 

 

Printversion - Click Here